HAT EIN SCHAUSPIELER DEN PLAYOFF-FINAL ENTSCHIEDEN?

Lausannes Andrea Glauser erhitzte mit einer Schwalbe die Gemüter in Zürich, schadete aber vor allem seinem Team. Jetzt steht der ZSC vor dem 10. Meistertitel.

Es war der Aufreger in Spiel 5 des Playoff-Finals: Kurz vor Spielhälfte kassierte der Zürcher Derek Grant beim Stand von 0:0 zwei Strafminuten. Stockschlag, lautete das Verdikt der Unparteiischen. Peinlich: Sekunden später entlarvte der grösste in einem Eishockeystadion in Europa verbaute LED-Videowürfel – 12 x 12 x 8 Meter – den Lausanner Andrea Glauser als miserablen Schauspieler.

Der Verteidiger wurde von Grant lediglich touchiert, täuschte aber Schmerzen an der Hand vor. Eine Schwalbe, da gibt es keine zwei Meinungen. Nicht nur die Fans in der ausverkauften Swiss-Life-Arena waren ausser sich. Sven Andrighetto, der Zürcher Topskorer, rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, als wollte er signalisieren, was Glauser demnächst erwarten wird: nämlich eine Geldstrafe vom Einzelrichter.

Nach Spielschluss sagte Andrighetto: «So etwas hat im Eishockey nichts zu suchen. Schade für den Schiedsrichter. Er hatte keine gute Sicht auf das Geschehen und fiel darauf herein.» Der Stürmer strahlte die Gelassenheit eines Siegers aus. Unaufgeregt erklärte Andrighetto, er kenne Glauser gut, habe aber darauf verzichtet, ihn auf die Aktion anzusprechen. Jetzt sei nicht der Moment dazu.

Lausanne suchte unter gellendem Pfeifkonzert das 1:0, scheiterte aber kläglich. Plötzlich drang eine nie da gewesene Energie durchs Stadion. Der ZSC übernahm die Kontrolle. Und ging dank eines Doppelschlags innerhalb von 51 Sekunden bis zur zweiten Pause mit 2:0 in Führung, wobei ausgerechnet Glauser beim zweiten Gegentor keine gute Figur machte. Es war die Vorentscheidung in einem Spiel, in dem Lausanne den ZSC zuvor mehrfach in Verlegenheit brachte. War es sogar die Vorentscheidung in diesem Final?

Ausfälle gar nicht realisiert

Das Team von Marc Crawford trotzte am Donnerstag allen Widrigkeiten, steckte auch die frühen verletzungsbedingten Ausfälle von Yannick Weber und Rudolfs Balcers weg. Und trat wie ein Meister auf. Chris Baltisberger, der dreifache Zürcher Champion, der in diesem Final zweimal überzählig zuschauen musste, meinte, das Team hätte erst in der Pause von den Ausfällen Kenntnis genommen. Glausers Aktion sah er als «Weckruf».

«War es in diesem Stadion jemals so laut?», fragte der 32-Jährige rhetorisch. «Spieler und Fans haben im Kollektiv diese Energie erzeugt. Wir kamen in Schwung. Es war fast schon klar, dass ein Tor fallen wird. Womöglich ist es Karma.»

Lausanne versuchte alles, reiste sogar einen Tag früher nach Zürich, um endlich den notwendigen Auswärtssieg zu holen. Nun stehen die Waadtländer mit dem Rücken zur Wand. Mit einem weiteren Erfolg am Samstag können sich die ZSC Lions zum zehnten Mal in der Geschichte und erstmals nach 2018 zum Meister krönen. Chris Baltisberger weiss, was es braucht. «Bloss nicht zu viel denken, stets im Moment bleiben. Spass haben. Die Stimmung aufsaugen. Positiv bleiben.»

So ging der Zürcher auch Spiel 5 an. Er startete als 13. Stürmer, rückte nach Balcers’ Out aber in den ersten Block vor. Dass er zuletzt von Trainer Crawford nicht berücksichtigt wurde, hat ihn geärgert. «Logisch. Es ist hart, zuzuschauen, und stinkt mir. Umso mehr habe ich mich nun gefreut», so Baltisberger, der das breite Zürcher Kader mit einer Garage vergleicht und dabei auch an den Clubsponsor denkt.

«Wir verfügen über eine grosse Garage mit vielen Fahrzeugen, alles Subarus. Es geht nicht immer darum, die besten Autos zu fahren, sondern darum, dass alle stets in Bewegung bleiben. Am Donnerstag habe ich dafür gesorgt, dass mein Auto bereit ist – und habe Gas gegeben.»

Offen ist, ob die Wagen von Yannick Weber und Rudolfs Balcers bis am Samstag wieder einsatzfähig sind.

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