«JETZT HAT SICH DER KNOTEN ENDLICH GELöST»

Rang 8 über 100 Meter eine Enttäuschung? Im Gegenteil. Die 31-Jährige sagt, dies sei wieder ein Schritt Richtung Olympia in Paris gewesen.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen heute zur Arbeit, wissen aber überhaupt nicht, ob sie noch beherrschen, was sie bisher immer konnten.

So fühlte sich Mujinga Kambundji, als sie vergangene Woche an die EM nach Rom reiste. Und auch noch, als sie sich am Sonntagabend im Halbfinal über 100 Meter in den Startblock kniete. «Ich habe einen harzigen Saisonstart hinter mir, die Ungewissheit war gross, ich habe mich nicht einschätzen können.»

Die 31-Jährige hat ein ungewohntes Dreivierteljahr hinter sich – hat die Hallensaison ausgelassen, schon im Oktober aus Rücksicht auf eine entzündete Plantarfaszie an der Fusssohle auf gewisse Belastungstrainings verzichtet. «Ich habe Umstellungen gemacht im Training, seit dem Frühling aber ist alles wieder normal.»

Fehlte das Adrenalin?

Nicht normal war aber, dass sie Ende April, Anfang Mai nicht richtig in die Gänge kam. Fehlte das Adrenalin der Grossveranstaltung? Mujinga Kambundji verneint, sie sei ja in China an zwei Diamond-League-Meetings gestartet. «Es ist sehr schwierig zu sagen, woran das gelegen hat. Aber jedes Jahr ist anders. Eigentlich war alles da, aber es hat nicht alles zusammengepasst. Meine Werte waren gut, aber irgendetwas funktionierte nicht.»

Bis sie dann im Ziel des Halbfinalrennens realisierte: 11,09 Sekunden. Noch nie so schnell in diesem Sommer, und, nach einigem Warten: für den Final qualifiziert.

«Ich war vor zehn Jahren in Zürich erstmals im Final über 100 m. Mittlerweile bin ich wohl die Älteste und kann nach ein paar schwierigen Wochen trotzdem mithalten. Darauf bin ich stolz», sagte sie.

Dass es im Final dann nicht zu mehr als Rang 8 reichte, schaue zwar von aussen nicht so toll aus, «aber ich sehe das positiv. Endlich hat sich der Knoten gelöst. Nach ein paar frustrierenden Hundertern hat es gepasst», sagte sie. In 11,15 konnte sie sich zwar nicht verbessern, und die neue Europameisterin Dina Asher-Smith (GBR, 10,99) war mit viel Vorsprung im Ziel. «Das Niveau ist sehr hoch, und ich hatte jetzt zwei gute Rennen. Das ist ein Schritt Richtung Paris.»

Schreckmoment im Final

Ohne Schreckmoment ist es im Final jedoch nicht gegangen. Kaum gestartet, wurde das Rennen wie man im Fachjargon sagt «zurückgeschossen», Fehlstart, Neuanfang. «Ich wusste, dass ich nicht zu früh gegangen war», sagte Kambundji. Und dennoch tauchte der Wettkampfrichter vor ihr auf und zeigte ihr die Gelbe Karte. Wieso, ist ihr nicht klar, kümmert sie aber auch nicht mehr.

Besser so, denn am Montagabend folgt bereits der nächste Einsatz: die 200 m und der Versuch der Titelverteidigung. Schon einmal ist sie in diesem Frühsommer über diese Distanz ziemlich gut ins Fliegen gekommen. Trotz Gegenwind. Es soll der nächste Schritt Richtung Paris werden.

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