Der als rechtsextrem ausgelegte Wolfsgruss, den türkische Fans an der EM zeigten, beschäftigt nun auch die Schweizer Politik. Ob er verboten wird, ist aber noch unsicher.
Der türkische Fussballstar Merih Demiral zeigte an der EM zum Jubel den Wolfsgruss, das Erkennungszeichen der Grauen Wölfe, eine höchst umstrittenen Gruppierung aus der Türkei. Demiral wurde wegen seines Verhaltens gesperrt – aus Protest zeigten beim nächsten Spiel dann unzählige Fans ebenfalls das Handzeichen.
Durch den Vorfall sind die Grauen Wölfe jüngst in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die rechtsextreme Gruppierung aus der Türkei hetzt zum Beispiel gegen Kurden und Juden – und das weit über die Landesgrenzen hinaus. Auch in der Schweiz hat die türkische Partei MHP, um die sich die Grauen Wölfe scharen, einen Ableger. Knapp tausend Anhänger soll es hierzulande geben, wie der «SonntagsBlick» berichtet. Und es sollen noch viel mehr sein, wie ein türkischer Informant erzählt.
SVP-Rüegger: «Die Grauen Wölfe sollten nicht verharmlost werden»
Das gibt auch in der Politik zu reden. Das deutsche Parlament beabsichtigt ein Verbot der Gruppierung, Frankreich hat ein solches bereits eingeführt. In Österreich wurde der Wolfsgruss verboten.
Auch im Schweizer Parlament wurde ein Verbot der Grauen Wölfe bereits mehrfach gefordert. Der Bundesrat lehnte dies jedoch ab. SVP-Nationalrätin Monika Rüegger hatte 2021 einen entsprechenden Vorstoss eingereicht, ein Verbot geht ihr mittlerweile aber gar zu wenig weit, wie sie erzählt.
«Nur ein Verbot reicht nicht, sonst bleibt es bei der Symbolpolitik», so Rüegger. Die Grauen Wölfe seien auch in der Schweiz sehr verbreitet und weit mehr als nur «ein kleiner Verein». «Und sie sollten nicht verharmlost werden», mahnt sie.
Der Nachrichtendienst müsse die Grauen Wölfe streng beobachten, «besonders die Moscheen, wo die Radikalisierung stattfindet». Schlussendlich solle aber auch gehandelt werden. «Der Islamismus, Antisemitismus und Rassismus gehört nicht hierher. Werden radikalisierte Personen aufgedeckt, muss man sie sofort des Landes verweisen», fordert Rüegger.
SP-Marti: «Wolfsgruss-Verbot muss thematisiert werden»
SP-Nationalrätin Min Li Marti ist zurückhaltender, fordert aber auch strengere Überwachung. «Problematisch finde ich vor allem, wenn Kinder indoktriniert werden. Besonders bei ‹halboffiziellen› Angeboten wie Sprachkursen, welche verschiedene Botschaften an Schulen anbieten, sollte genau hingeschaut werden, dass keine zweifelhafte Propaganda verbreitet wird», sagt sie.
Gegenüber einem Verbot der Grauen Wölfe sei sie hingegen «eher skeptisch». «In der Schweiz ist man aus neutralitätspolitischen Gründen zurückhaltend im Bezug auf das Verbot von Organisationen, da es in Einzelfällen schwierig ist zu entscheiden, ob ein Verbot gerechtfertigt ist.»
Parlament diskutiert bald über Verbot von Extremismussymbolen
Ein Verbot des Wolfsgrusses könnte hingegen schon bald Realität werden – zumindest theoretisch. National- und Ständerat haben nämlich kürzlich beschlossen, extremistische Symbole zu verbieten. In einem ersten Schritt sollen dies nationalsozialistische sein, in einem zweiten Schritt soll das Verbot auf weitere Symbole ausgeweitet werden. «In der Umsetzung des vom Parlament beschlossenen Verbots von extremistischen Symbolen sollte sicher auch der Wolfsgruss thematisiert werden», findet Marti.
Dass die Frage, wo man die Grenzen zieht, noch für Diskussionen sorgen werde, prophezeit auch Mitte-Nationalrat Reto Nause. «Ich kann mir gut vorstellen, dass man sich schlussendlich auf ein Verbot nationalsozialistischer Symbole beschränkt», meint er.
Grundsätzlich hält er aber wenig von Verboten. «In der Schweiz haben wir die Tradition, keine Gruppierungen oder Symbole zu verbieten. Nur wenige Terrororganisationen wie die Hamas sind davon betroffen – das ist dann aber nochmals eine andere Kategorie als die Grauen Wölfe. Ein Heruntersetzen dieser ‹Verbotsschwelle› sehe ich skeptisch.»
2024-07-10T02:54:27Z