WIE EIN FERRARI IM STOSSVERKEHR: DIE NOTEN DER SCHWEIZER SPIELER

Ein kreativer Trainer, Tändeleien auf der Torlinie und ein frisch erfundener Rechtsverteidiger. Unsere Bewertungen der Startformation im Spiel gegen Kosovo.

Yann Sommer – Note 4

Eigentlich sollte nicht er spielen, sondern Gregor Kobel. So war es geplant wie schon im September gegen Andorra. Doch damals verspürte Kobel muskuläre Beschwerden. Diesmal ist es nicht anders. Und weil der sensible Dortmunder erneut ausfällt, steht Sommer im Tor, die Nummer 1 seit 2014 und auch bis auf Weiteres. Sommer hat nicht viel zu tun. Vielleicht tändelt er deshalb in der ersten Halbzeit einmal so lange mit dem Ball am Fuss, bis er von Rashani hart angegangen wird. Beim Ausgleich ist er chancenlos. Weshalb als Fazit bleibt: Sein 87. Länderspiel wird ihm höchstens wegen der geschafften Qualifikation in Erinnerung bleiben.

Eray Cömert – Note 4

Wer nur einen Rechtsverteidiger mitnimmt, der dann wie Edimilson Fernandes gegen Israel dummerweise Rot sieht, muss halt einmal einen Innenverteidiger nach aussen schieben. Murat Yakin sagt vor dem Spiel, Cömert habe «viel Kreativität». Während des Spiels ist der Notfall-Aussen dann zwar nicht ganz so kreativ wie sein Trainer bei der Besetzung der Rechtsverteidiger-Position. Aber er begeht immerhin keine groben Schnitzer.

Manuel Akanji – Note 3,5

In der ersten Halbzeit wird Manuel Akanji ein paar Mal in Laufduelle verwickelt. Er gewinnt sie alle – und das mit einer Souveränität, die den selbstbewussten Verteidiger von Manchester City verrät. Einmal leistet er sich einen Fehlpass in der gegnerischen Platzhälfte, der nur staunen lässt: Ohne in Bedrängnis zu sein, spielt er den Ball ins Aus statt zum Teamkollegen. Am Gegentor ist er entscheidend mitschuldig, weil er Muhamet Hyseni im Rücken weglaufen lässt. In diesem Moment agiert er nicht wie ein Champions-League-Sieger, sondern wie ein durchschnittlicher Super-League-Verteidiger.

Nico Elvedi – Note 3,5

Spielt lange Zeit so, wie er meist spielt im Nationalteam: unauffällig. Was eigentlich schon reicht, um ihn im Casting für den zweiten Platz in der Innenverteidigung neben Manuel Akanji weit nach vorne zu bringen. Die Konkurrenten Fabian Schär und Cédric Zesiger haben ihre Auftritte zuletzt vergeigt. Aber just als es scheint, dass Elvedi punktet, weil es mal wieder nichts zu berichten gibt, fällt er doch noch auf: als er beim 1:1 hinter dem vorpreschenden Nebenmann Akanji stehen bleibt und damit das Abseits aufhebt.

Ulisses Garcia – Note 4

Murat Yakin hat das Talent, bei jeder Gelegenheit auf den Mangel an Aussenverteidigern aufmerksam zu machen. Links will er keinen sehen, ausser den ewigen Rodriguez, und rechts auch nicht, ausser den seit Monaten verletzten Silvan Widmer. Vor zwei Jahren machte Yakin den YB-Linksfuss Garcia zum Nationalspieler, und kaum hatte er das gemacht, liess er ihn wieder links liegen. Garcias Darbietung bei einem Kurzeinsatz in Rom gegen Italien war ihm mächtig aufgestossen («schlecht und naiv verteidigt»). Gegen Kosovo greift er trotzdem wieder auf ihn zurück. Und was macht Garcia? Er liefert eine weitgehend tadellose Leistung ab. Was ihn von Rodriguez unterscheidet: Er bringt viel mehr Tempo mit.

Remo Freuler – Note 3

Diesen Schuss aus fünf Metern in der 17. Minute, den könne man «auch mit geschlossenen Augen» ins Tor bringen. Findet er nach der Partie gleich selber. Stattdessen tritt er den Ball weit über die Querlatte. Und liefert damit das passende Bild für seinen Auftritt. Mister Solid ist für einmal fahrig und ungenau. Es gibt Berichte, wonach er kurz davor stand, aus der Startformation genommen zu werden. Vielleicht hat das seine übliche Ruhe erschüttert?

Denis Zakaria – Note 4

Spielt auf der Position, auf der sich ein gewisser Granit Xhaka am liebsten sehen würde: als Sechser im zentralen, defensiven Mittelfeld. Wobei er den ganzen Raum von Strafraum zu Strafraum beackert. Beim Schweizer 1:0 ist er mit seinem Kopfball beteiligt. Er ist der einzige im Schweizer Zentrum, der mit dem Ball am Fuss das Spiel beschleunigen kann, setzt diese Fähigkeit noch viel zu selten ein.

Granit Xhaka - Note 3,5

Länderspiel 120: Der Captain erreicht eine stolze Zahl. Sie wird weiter wachsen, weil er ja noch lange nicht ans Aufhören denkt. Bis 2028 läuft der in diesem Sommer abgeschlossene Vertrag mit Bayer Leverkusen. Und mit der Schweiz will er mindestens noch zwei Turniere bestreiten: die EM 2024 und die WM 2026. Der Chef der Mannschaft ist gegen Kosovo erneut so viel am Ball wie kein anderer Spieler auf dem Platz, er macht bloss nicht so viel draus. Irritierend ist vielmehr, wie er in der zweiten Halbzeit den Schlendrian in sein Spiel einbaut. Angesichts seiner Klasse ist die 3,5 als Note noch nett gemeint.

Xherdan Shaqiri – Note 3,5

Länderspiel 118: Der Dribbler erreicht ebenfalls eine stolze Zahl und egalisiert damit die alte Bestmarke von Heinz Hermann, der beim FC Basel sein U-21-Trainer war. Shaqiri war verschnupft, dass er letzten Mittwoch n Ungarn gegen Israel nicht zum Einsatz kam, wie es mit Murat Yakin abgesprochen war. «Taktische Gründe» machte Yakin geltend für die Planänderung, die so gar nicht aufging. In Basel gegen Kosovo zu spielen, in der Region, in der er aufwuchs, gegen die Mannschaft aus seiner anderen Heimat – das ist natürlich schon speziell für Shaqiri. Das sagt er auch. Aber alles andere als speziell ist seine Leistung. Es ist nicht der Shaqiri vom Weissrussland-Match. Darum bleibt von ihm keine wirklich aufregende Szene in Erinnerung, als er in der 84. Minute ausgewechselt wird.

Noah Okafor – Note 4

Muss sich manchmal vorkommen wie ein Ferrari Feierabend-Stossverkehr. Da wären so viele PS unter der Haube, aber bei all dem Verkehr rundum sind die kaum zu gebrauchen. Kann seine eigentliche Stärke gegen einen maximal tief stehenden Gegner kaum ausspielen kann: die schnellen Läufe in die Tiefe. Seiner grössten Waffe beraubt, macht er, was ein Stürmer in engsten Räumen machen kann: Löcher reissen, Verteidiger binden, Ball prallen lassen. Nichts Glamouröses – aber jemand muss es halt machen. Sein Tor in Halbzeit zwei wird zurecht aberkannt, weil Kollege Vargas im Abseits steht.

Ruben Vargas – Note 4,5

Er hat aus dem Israel-Spiel gelernt – und stösst diesmal bei seinem Abstauber-Tor per Kopfball niemanden in den Rücken. Bleibt wieder einziger Schweizer Torschütze und auffälligster Offensivspieler. Wäre er nur noch etwas kaltblütiger im Abschluss, dann hätte er in dieser Qualifikation längst mehr als drei Tore erzielt. Dafür, dass ihm in der 17. Minute kein Assist gelingt, kann er allerdings nichts. Das liegt dann ganz in Remo Freulers Verantwortung.

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