«ER BEHAUPTET NOCH IMMER, DASS ES EINE SCHWALBE WAR»

Bradley Fink erklärt, wie er durch die unerwarteten Transfergerüchte überrascht wurde. Auch spricht das FCB-Talent über Druck und schwierige Zeiten.

Bradley Fink, schön klappt es mit dem Interview in Basel. Ende Transferphase hiess es, Sie wechseln zum FC Millwall nach England.

Ich war im Hotel in Sion, als mir plötzlich mein Papa schrieb und mich erstaunt fragte, wie das Wetter in London sei und wieso ich nichts erzählt habe. Ich hatte keine Ahnung und schrieb meinem Berater, der auch meinte, dass es Fake-News seien.

Wie kam es zu den Meldungen?

Keine Ahnung, wie die Meldung aufkam. Vielleicht hat irgendwer einen grossen Mann vor dem Stadion gesehen mit blonden Haaren und blauen Augen. Beim Zmorge gratulierte mir Sportdirektor Daniel Stucki dann noch ironisch zum Wechsel nach England (lacht).

Der vermeintliche Transfer sorgte für Schlagzeilen, so wie auch der Ausgang einiger FCB-Spieler und die Abschiede von Fabian Frei und Michael Lang.

Ich fokussiere mich auf das Wesentliche, auf das, was ich beeinflussen kann. Für mich zählt jeweils das nächste Spiel und, dass ich mich bestmöglich dafür vorbereite.

Wie bewerten Sie Ihre bisherige Saison?

Ich bin noch nicht da, wo ich selber sein will. Ich kann und muss mich noch steigern. Lange spiele ich aber auch noch nicht auf der Flügelposition. Mein ganzes Fussballleben habe ich praktisch ausschliesslich als Mittelstürmer gespielt. Es ist anders, deshalb brauche ich noch Anpassungszeit.

Was ist möglich mit dem FC Basel?

Wir schauen Spiel für Spiel. Wenn wir jetzt schon zu viel träumen, dann machen wir uns zu viel Druck. Aber wir wissen alle, wo der FC Basel hingehört. Nach der schwierigen Zeit ist das sicherlich die Top 6.

Sie sind seit Sommer zurück beim FC Basel. Wie war die Zeit bei GC?

Es war keine einfache Saison. Die erste Hälfte war eigentlich wirklich gut, im letzten Spiel vor der Winterpause hätten wir es mit einem Sieg sogar in die Top 6 geschafft. Doch durch den sich hinziehenden Eigentümerwechsel und den sich anbahnenden Abstiegskampf, wurde es rund um den Club unruhiger, was auch an der Mannschaft nicht spurlos vorbei ging. Für uns Spieler war es auch nicht einfach. Ich bin einfach nur happy, dass wir nicht abgestiegen sind.

Apropos GC: Im letzten Dezember gab der Tritt von Taulant Xhaka gegen Sie zu reden. Haben Sie mit ihm über die Szene gesprochen?

Ja! Er behauptet noch immer, dass es eine Schwalbe war, ich bin immer noch davon überzeugt, dass er mich getroffen hat und es weh tat (lacht). Aber im Ernst: Wir haben ein sehr gutes Verhältnis und lachen viel zusammen. Und wenn man solche Sachen nicht vergessen kann, ist man im falschen Beruf.

Verspürten Sie bei Ihrer Rückkehr besonders Druck?

Ich wusste, dass ich wenig Kredit hatte, mir den Allerwertesten aufreissen und liefern muss. Auch war mir der Konkurrenzkampf absolut bewusst. Es war Druck da, klar. Aber mittlerweile kann ich damit umgehen. Ich weiss, wie es ist, mit dem Rücken zur Wand zu stehen.

Wann?

Es war in meinem zweiten Halbjahr beim FC Basel nach der Entlassung von Alex Frei, der mich holte. Unter ihm entwickelte ich mich stark weiter. Er konnte mir als Ex-Nati-Stürmer unglaublich viele Tipps geben. Seine Erfahrung hat mir sehr geholfen. Als er weg war, wurde es dann schwieriger für mich. Ich war plötzlich nicht mehr Stammspieler sondern nur noch dritter Stürmer, der sechs, sieben Spiele keine Minute auf dem Feld stand.

Was würden Sie im Rückblick anders machen?

Ich würde geduldiger sein. Aber das musste ich lernen. Ich war tatsächlich nicht immer geduldig, wurde dadurch immer frustrierter und dann passten meine Trainingsleistungen auch nicht mehr. Ich kam in einen negativen Kreislauf rein, aus dem es nicht einfach war, rauszukommen.

Nach der Jugend bei Luzern sind Sie zu Dortmund gewechselt und haben in den Jugendligen alles kurz und klein geschossen. Wie sind Sie mit dem Hype um Ihre Person umgegangen?

Das ist jetzt lange her! Aber natürlich habe ich es mitbekommen. Ich habe Zeitungsberichte über mich gelesen und geschaut, was über mich auf Social Media geschrieben wird. Ich war happy, dass sich meine harte Arbeit auszahlte. Und jetzt hoffe ich einfach, dass ich nochmals so durchstarte wie damals. Aber ich glaube, ich bin derzeit auf einem guten Weg.

In Dortmund konnten Sie sich nicht durchsetzen. Wie ging es Ihnen damit?

Das stimmt in der Form nicht. Der BVB hatte mir sogar eine Vertragsverlängerung angeboten, konnte mir in der 1. Mannschaft jedoch nur um die 400 Minuten Einsatzzeit in Aussicht stellen. Ich bin mit 16 Jahren nach Dortmund gewechselt. Ich wusste schon damals zu 99,9 Prozent, dass ich es nicht in die 1. Mannschaft schaffen werde. Es ging mir beim Wechsel in erster Linie um die individuelle Ausbildung als Stürmer und darum, mich in einem kompetitiven Umfeld durchsetzen zu müssen.

Also war es für Sie keine Enttäuschung?

Wir hatten beim BVB zwölf Nachwuchsnationalspieler, vier davon im Angriff und ich war Stammspieler. Dortmund ist ein Weltverein und kann für sehr viel Geld Spieler kaufen. Und da ist es doch klar, dass der Spieler, der 25 Millionen gekostet hat, dann bevorzugt wird. Deshalb: Nein, es war keine Enttäuschung. Es ist nur schade, dass ich für die erste Mannschaft «nur» Testspiele und nie ein Pflichtspiel vor über 81’000 Fans im Westfalenstadion machen konnte.

Noch ein Wort zu Xherdan Shaqiri: Wie ist es, ihn als Teamkollegen zu haben?

Er ist ein absolutes Idol für mich seit vielen Jahren. Ich bewunderte ihn bei der Nati und als grosser Liverpool-Fan natürlich auch beim Liverpool FC. Xherdan hat sich dort mit einigen Weltklasseleistungen unsterblich gemacht. Er ist sehr professionell und enorm erfahren. Man kann wirklich sehr viel von ihm lernen. Er ist ein super Typ, mit dem man über alles reden kann. Er ist für jeden im Team zu jeder Zeit da.

2024-09-29T03:11:50Z