«WIR HABEN BESPROCHEN, DASS ICH AUF DEM PLATZ DIE CHEFIN BIN»

Die Stabhochspringerin ist Europameisterin, als erst dritte Schweizer Leichtathletin. Dabei war sie vor dem Wettkampf krank – und musste heikle Momente überstehen.

Unter schwierigen Umständen schaffte Angelica Moser am späten Montagabend im Stadio Olimpico in Rom den Coup. Sie übersprang die Schweizer Rekordhöhe von 4,78 m und gewann Gold. Die 26-Jährige war schon Europa- und Weltmeisterin in allen Nachwuchskategorien, dies ist ihr bereits achter Titel, der zweite bei der Elite.

Angelica Moser, wie sind Sie erwacht als Europameisterin?

Das Gefühl ist sehr gut, obwohl ich nicht viel und nicht gut geschlafen habe. Ich habe schon zwei Tage vor dem Final ein wenig gekränkelt, und das zieht sich jetzt durch. Aber ich habe noch immer nicht realisiert, was passiert ist.

Sie gingen geschwächt in den Final?

Ich war schon nicht so fit, wie wenn ich ganz gesund bin. Ich habe mich wohl nach der Qualifikation erkältet, als ich verschwitzt in den klimatisierten Bus einstieg. Halsweh, Pfnüsel und diese Sachen. Die Beine fühlten sich nicht so gut an, ich war eher ausser Atem – aber ich habe die Umstände akzeptiert. Adi Rothenbühler, mein Trainer, sah das einzig Positive darin, dass das meinen Kämpferinstinkt weckt.

Sie starteten harzig in den Wettkampf, scheiterten zweimal auf der Anfangshöhe von 4,43 m – was ging da in Ihnen vor?

Es ist nie lustig, wenn das passiert. Ich wurde ein wenig nervös, aber für den Trainer und mein Umfeld auf der Tribüne war es nervenaufreibender als für mich. Ich blieb fokussiert, denn es ist egal, ob es der erste oder dritte Sprung ist, ich muss genau das Gleiche machen.

Wie hat sich Ihr Trainer verhalten?

Als ich es im dritten Sprung schaffte, rief er hinunter «Stell jetzt vom Panikmodus in den Chefmodus um». Das hatten wir so besprochen, dass ich auf dem Platz die Situation kontrolliere, die Chefin bin.

Das ist Ihnen geglückt – wann fühlten Sie sich dann sicher?

Bei 4,58 m machte ich einen Neuanfang. Letztlich zählt nur, wer zuletzt am höchsten springt.

Sie sind clever vorgegangen, bestimmten Sie die Taktik mit ausgelassenen Sprüngen?

Nein, wir haben zusammen abgesprochen, wann wir eine Höhe auslassen.

Sie sprechen in der Wir-Form – sehen Sie Ihren Titel als ein Teamwork?

Ja, solche Dinge besprechen wir immer zusammen. Es ist eine Trainer-Athletin-Beziehung, in der beide mitreden, ich einbezogen werde.

Sie wechselten Ende 2022 Ihr Umfeld, was hat es Ihnen neu gebracht?

Ganz sicher Stabilität. Ich weiss, seit ich mit Adi Rothenbühler arbeite, immer, wie es weitergeht. Ich bin in einer super Trainingsgruppe mit Sprinterinnen und Hürdenspezialistinnen, die mich im Sprint pushen, dafür profitieren sie von mir im Krafttraining. Es ist eine sehr coole Gruppe, ich habe sehr viel Spass. Und ja, die Stabilität ist entscheidend, das konsequente Arbeiten auf ein Ziel hin.

Seit wann haben Sie auf diesen Titel gewartet?

Seit ich 2021 Hallen-Europameisterin geworden bin, doch dann kamen das Out in Tokio und immer wieder Verletzungen.

Befreit Sie diese Goldmedaille von einem gewissen Druck?

Sie gibt mir vor allem sehr viel Zuversicht für das, was in dieser Saison noch kommt. Ich habe in diesem Sommer noch anderes vor. (lacht)

Sie sprechen von den Olympischen Spielen.

Ja, und da reichen 4,78 m bei weitem nicht. Aber sehr schön ist, dass ich nun schon Anfang Juni so hoch springe. In anderen Jahren hat zu diesem Zeitpunkt die Saison erst begonnen.

Wann beginnen Sie mit dem Aufbau für Olympia?

Ich habe jetzt zwei Tage frei, am Donnerstag geht es weiter – wenn ich wieder ganz gesund bin.

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